Nach dem Sturm ist vor dem Sturm – Von Menorca nach Sardinien

„Hallo Herr Franke, ein großräumiger Tiefdruckkomplex liegt über Mitteleuropa und in der Nacht zum Sonntag zieht eine Front über die Balearen hinweg mit Böen 8-9 Bft. Am Sonntag schwächt sich der Wind langsam wieder ab und über Norditalien bildet sich ein Tief aus, dieses zieht dann langsam nach Nordosten ab. Am Sonntagabend und auch am Montag herrschen dann etwas ruhigere Windverhältnisse mit 4-5 Bft im Mittel. Von Frankreich nähert sich aber ein weiterer Tiefkern, der ebenfalls zu dem umfangreichen Tiefdruckkomplex gehört, somit bildet sich ab Dienstag ein kräftiger Mistral mit verbreitet 9er Böen im Törngebiet aus. Hierbei geht die Wellenhöhe zwischen Balearen und Sardinien auf rund 4-5 m hinauf. Da im Laufe der Woche immer wieder Tiefausläufer von Frankreich hereinziehen, entspannt sich die Lage frühestens ab dem 12.11., aber dies sieht nach aktuellem Stand auch nur nach kurzer Dauer aus. Ein wirklich gutes Zeitfenster für die Überfahrt ist im Moment nicht abzusehen.“

Na das waren ja blendende Aussichten, die uns der Wetterfrosch aus Deutschland am 5.11. rüberschickte, als wir um Törnberatung für den Schlag nach Sardinien baten. Die Strecke: in etwa so lang, wie die im Frühjahr über die Nordsee von Norwegen nach Schottland. Mindestens eine Woche eingeweht auf Menorca! Es kann zwar Schlimmeres geben, aber wir wollten ja weiter Richtung Elba und zum dritten Advent bei unseren Kindern Zuhause sein. Nachdem wir sämtliche Wetterprogramme gequält hatten, entschlossen wir uns, es Sonntagabend zwischen den zwei Tiefdruckgebieten zu wagen und alles auf eine schnelle Überfahrt zu setzen. Sonntagabend los, das hieß im besten Falle zwei Nächte und einen Tag auf See und weil die Tage jetzt kürzer sind als die Nächte, 26 Stunden im Dunkeln und nur 11 im Hellen. Der Tagesvers aus der Bibel vom Sonntag war uns aber eine große Ermutigung: „Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils“ 2.Kor 6, 2.

Also los!

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Und wie war’s dann? Kurz gesagt – es hat haarscharf geklappt. Die erste Nacht war wie Achterbahnfahren im Dunkeln. Viel alter Seegang und meist wenig Wind machten den Einsatz unseres „eisernen Segels“ notwendig, um schnell genug voran zu kommen. Wetterleuchten um uns her und ein Gewitter über uns erzeugten eine besondere Stimmung. Sicherheitshalber landen Handfunke, EPIRP, Satellitenphone und Handy, sowie der Laptop bei so einem Wetter immer im Herd, unserem faradayischen Käfig, dem die Siriuswerft „fer umme“ (mannheimerisch :„kostenlos“) diesen Zusatznutzen gegeben hat. Am Tag und in der nächsten Nacht wechselten sich Regen und Schauer mit Schauer und Regen ab. Wie gut, dass wir uns für eine Decksalon Yacht entschieden haben und niemand bei seiner Wache die ganze Nacht im nassen hocken muss. Dazu gab es meist zu ungünstigen Wind, um vor dem bereits anrückenden nächsten Tiefdruckgebiet schnell genug unter Segeln zu fliehen. Also kam auch da wieder meist der Volvo ran. Als wir die ersten Inseln im Südwesten von Sardinien erreicht hatten, fing es an zu blasen, da waren wir aber auch schon um die Ecke, der Seegang ließ nach und wir entschieden uns, in die Bucht von Cagliari einzulaufen. Da standen uns dann schon 6 Bft auf die Nase, aber das packte unser Volvo auch noch. Eins muss jetzt gesagt werden: unser zweiter Volvo D2 75 hat sich bei dieser Überfahrt rehabilitiert. Ohne Murren hat er uns den größten Teil der 250 sm treu geschoben. Das war das Resultat des tollen Volvoservice Technikers in Ibiza, der alle Teile nachgeschaut und einiges an Schlaufschellen und Schrauben endlich mal dicht gezogen hat, so dass wir keine Öllachen mehr im Motorraum hatten. Sylvia wollte ihm sogar bei der Ankunft, solange er noch warm ist, einen Kuss verpassen.

Angelegt haben wir in der sicheren und freundlichen Stadtmarina von Sardiniens Hauptstadt Cagliari, wo man kaum ein Lüftchen spürt, während sich draußen der Mistral austoben darf. Von mittags bis zum nächsten Morgen wurde dann durchgeschlafen. Unser drei-Stunden-Wachsystem hatte sich für uns zwar wieder bewährt, aber ohne Schlafdefizit geht´s halt doch nicht. Oft haben wir uns während dieser Überfahrt an den Bibelvers von Sonntagmorgen erinnert.

Endlich Italien! Wir geniessen diese sympathische Stadt in vollen Zügen: traumhafte Lage, leckeres Essen, viel Geschichte, tolle Geschäfte – so viel zu entdecken. Drei Tage Kontrastprogramm, bevor wir, weil das nächste Sturmtief kommt, uns in einem großen Schlag über Nacht, heute an die geschützte Costa Smeralda hochhangeln werden.

Dolce Vita!

P.S.: Und wer immer mal nach Cagliari kommt: da muss man essen: www.laviadelgusto.it

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Wir waren gleich zwei mal da!

 

6 comments

  1. L

    Mal wieder ein Sau cooler Blogeintrag, macht richtig Spaß zu lesen und das Video zu schauen! Ich bin ja aber ziemlich erstaunt, dass die Musik von Wagner es in eines euer Videos geschafft hat…:P
    Auf den ganzen Sturm kann ich ja ganz gut verzichten. Aber Cagliari würde ich auch gerne mal sehen, sieht wirklich Hammer aus und macht auch. bisschen neidisch. Auf Sardinien wäre ich jetzt auch gerne

    1. S

      Herzlich willkommen, Lieblingssohn, gerne für jede Nachtwache

  2. Ã

    Wenn wir endlich wieder WLAN haben, dann werden endlich alle Videos nachgeschaut!!
    Haben euch lieb!

    1. S

      Hahaha, zum Glück haben wir nur Lieblingskinder und -schwiegerkinder!!

  3. B

    …und Lieblingskolleginnen, die gerade mal wieder bei Euch „reingeschaut“ haben und herzlich grüßen… Gutes Vorankommen weiterhin und passt auf Euch auf! GlG, Bettina 🙂

    1. S

      Genau!!! Lieben Gruss zurück von uns beiden

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