Orkan – ganz so wild muss es doch nicht sein

 

45 Knoten Wind waren angesagt. 75 Knoten und bis zu sechs Meter hohe Wellen kamen zwischen Elba und Korsika dann tatsächlich an und versetzten das Meer in ein tosendes Inferno. Auch im gut geschützten Stadthafen von Bastia hatten wir zeitweise über 50 Knoten Wind und einen Meter Welle.

Doch von vorne:  die bekannte „Ruhe vor dem Sturm“ nutzten wir, um mit einem Mietwagen Cap Corse zu erkunden. Einmal rund gegen den Uhrzeigersinn war eine wirklich wunderschöne Tagestour.  Im Norden wurden die Straßen immer schmaler und einsamer; im Westen an der Steilküste immer dramatischer. Gelegentlich war das Autofahren dort eine echte Mutprobe. Zum Beispiel, wenn die Straße über 100 Meter hinweg abgerutscht war und eine Behelfsbrücke mit Holzbohlen über den 200 Meter tiefen Felssturz übers Meer führte.

Endlich konnten wir uns mal die vielen kleinen Häfen und Buchten anschauen, die uns mit unserer Yacht versagt bleiben. Dazu gehörte auch Centuri im Nordwesten, berühmt für herrliche Langusten. Wir möchten nicht wissen, was von diesen schnuckeligen Orten, wo die Häuser oft bis ans Wasser gebaut sind, nach dem Orkan übrig ist.

Die Bergfestung Nunza war ein weiteres Highlight. Wie ein Adlerhorst thront sie 250 Meter über dem riesigen, schwarzen Strand, der mit großen Kunstwerken aus weißen Steinen verziert ist.

„Pass auf“, rief Sylvia plötzlich, als wir auf der gewundenen Passtrasse zurück nach Bastia fuhren. Um die nächste Kurve driftete gerade ein Rallye Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit durch die Kurve, gefolgt von einer ganzen Reihe weiterer Rallye Autos. Das hatten wir auf einer normalen Straße auch noch nicht erlebt! Es war der Ausklang eines offiziellen Rennens, das ein paar Kilometer vorher zu Ende gegangen war.

Unsere „Rallye“ im Hafen von Bastia ging in der folgenden Nacht los und dauerte zwei Tage. Als der Hafen von Bastia geschlossen und der Fährverkehr eingestellt wurde, wussten wir, dass es ernst wird.  Wir hatten uns den Stadthafen von Bastia ausgesucht, weil die Küste Korsikas hier eine Einbuchtung macht und die alten Häuser dem Hafen zusätzlichen Schutz geben. Eine hohe Mauer schützt den Vorhafen und die Liegeplätze sind nochmals  durch eine kleine innere Hafenmauer abgeschirmt. Der Ort hatte sich schon vor zwei Jahren für uns bei einem Unwetter bewährt. Trotzdem wurde ein Teil der Altstadt durch die überkommenden Brecher geflutet und wir hatten zeitweise einen Meter Welle, der gewaltig an unseren drei Mooringleinen und sechs Festmachern zerrte. Von den Fischern haben wir gelernt, uns mit gutem Abstand zum Steg zu legen und die Festmacher recht locker zu lassen, damit diese oder die Klampen bei dem starken Schwell nicht reißen. Gut abgefendert, ohne einen einzigen Kratzer am Schiff aber mit einigen blauen Flecken an uns durch die ruppige Schaukelei, haben wir den Sturm gut überstanden, während andere Schiffe sich losrissen oder am Liegeplatz schwere Schäden davontrugen.

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Tags drauf verließen wir als erstes Segelschiff den Hafen, wo uns bei mäßigen Winden herrlich lange, 2-3 Meter hohe, auslaufende  Wellen begrüßten, die uns an den Atlantik erinnerten. Nach einer schönen Überfahrt wurde uns bei der Einfahrt nach Portoferraio bewusst, wie gewaltig der Orkan hier gewütet hatte. Gleich drei gestrandete Boote lagen, halb unter Wasser, auf den Felsen. Masten waren im Hafen gebrochen. In der Bucht lagen noch zwei große Tanker vor Anker, die hier vor dem Orkan Schutz gesucht hatten.

Da das Wetter stürmisch und regnerisch bleiben sollte, erklärten wir die Saison kurzerhand für beendet und kamen dafür genau rechtzeitig zum ersten Geburtstag unseres Enkels in München an– yieppieh. Das Fazit unserer Frühjahr- und Herbst Törns: noch nie haben wir das Mittelmeer so regnerisch, unbeständig und stürmisch erlebt. Irgendwann brauchen wir auch mal wieder die Beständigkeit des Atlantiks… .

 

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ahoi ihr Lieben,
    das hört sich sehr abenteuerlich an, ich bin froh, dass alles gut gegangen ist. Für manch einen Bootsbesitzer sieht es nicht so toll aus. Schade um die schönen Yachten.
    Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und in 2019 viele wunderbare Reisen auf den Weltmeeren. Liebe Grüße, Ester

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    • Sylvia Franke
      29. Dezember 2018 12:02

      Vielen Dank für die guten Wünsche! Viele Schiffe sind leider zu Schaden gekommen und einige Menschenleben auch. Umso dankbarer sind wir für alle Bewahrungen. 2019 steht nochmal Korsika und Sardinien auf dem Plan, ggfs mit einem Schlenker nach Sizilien.Euch auch ein gutes, gesegnetes neues Jahr. Liebe Grüße
      Henning und Sylvia

      Antworten

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