Drei Inseln rund, Teil 2: Wildlife Sardinien

„Henning, da – Wale!!!!“ gellte es vom Vordeck kurz nachdem wir in der Frühe aus Santa Maria Navarrese ausgelaufen waren. Henning war gerade beim Kaffeekochen und stürmte an Deck. Tatsächlich: backbord, 150 – 200 Meter von uns entfernt, tauchte immer wieder ein schwarzer Rücken auf, begleitet von prustenden Fontänen. So nahe hatten wir solch einen riesigen Kerl noch nie bei uns gesehen. Sylvia verzog sich vor Respekt sicherheitshalber in die Plicht, aber die Kerle zogen unbeeindruckt entgegen unserer Richtun

g an uns vorbei. Ob wir die gleichen Tiere schon bei unserer Einfahrt in den Hafen vor zwei Tagen gesehen hatten? So vieles lebt unter Wasser in einer Welt, von der wir, wenn wir einfach so Drübersegeln, meist gar nichts mitbekommen.

Außer es passiert folgendes: prrrrrrrrrrrrrrrrrrr –mit pfeifendem Geräusch läuft die Angelleine raus, schneller und immer schneller.  Chris, unser Schwiegersohn, den wir mit unserer Tochter Leni in Cagliari, im Süden Sardiniens an Bord genommen hatten, stürzte zur Angel und versuchte die Kräfte des Fisches zu ermüden, indem er die Leine immer wieder stoppte. „Das ist ein riesiger Kerl, ich kann ihn nicht halten“, ruft er. Der Fisch zieht mit voller Kraft nach achtern weg, das Boot steuert mit ordentlich Schräglage und Welle hart am Wind bei 6Bft im zweiten Reff in die andere Richtung. Eigentlich müsste man das Schiff jetzt so schnell wie möglich aufstoppen. Aber das bekommen wir bei diesen Verhältnissen, bei viel Wind und Nieselregen nicht so schnell hin. Mit einer Selbstwendefock ist Beidrehen auch nicht so einfach. Nach 500 m Leine ist Schluss und auf einmal ist der Druck weg von der Leine. Ganz leicht lässt sie sich einholen. Das wäre unser Thunfisch gewesen … schade! Enttäuschung an Bord.

Später im wunderschönen Hafen von Carloforte auf der Isola di San Pietro im äußersten Südwesten Sardiniens erfahren wir, dass wir im früheren Zentrum des Thunfischfangs sind. Die Thunfischbestände haben sich etwas erholt und der Rotflossenthun wandert im Frühjahr entlang der Westküste Sardiniens südwärts. Aber die ganze Küste Sardiniens entlang beißt bei uns kein Schwanz mehr!

Und dann ist da auch noch der wilde Mistral, der kalte Nordwind, der aus dem Rhonetal mit Sturmstärke in den Löwengolf bläst und an die korsische und sardische Westküste 3-4 Meter hohe Welle, sowie Starkwind schickt. Dank guter Wettervorhersagen wussten wir rechtzeitig Bescheid und beeilten uns auf dem Weg in den Norden von Sardinien. Ein Ankerstopp in der schon von Römern genutzten Bucht von Porto Conte, im Nordwesten Sardinien musste aber sein. Felsabstürze von bis zu 200 Metern säumen die  westliche Einfahrt.

Allgegenwärtig sind die Möwen. Vor Anker in dem wunderschönen Naturhafen von Porto Conto , fliegen die Olivenkerne zum Anlegerschluck ins Wasser, was eine Möve motiviert, neben uns auf ihren Tribut zu warten, wo wir unseren Sundowner geniessen. „Krahhhh“ schallte es vom Wasser. „Kraahhh“, schallt es vom Deck zurück: „Krahhhh“, „Kroahhh“, „Krahhhh“, „Kroahhh“, geht es hin und her, bis wir merken, dass Sylvia „möwisch“ mit dem Vogel im Wasser spricht. Die rege Konversation geht in ein Möwenrappduett über. Wir halten uns die Bäuche vor Lachen.

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„UIAHHHHHH, UIAHHHHH“, schallte es tief kehlig vom Ufer der Insel Asinara. Wir lagen im Naturschutzgebiet dicht unter Land an einer Boje nachdem wir uns drei Tage vor dem Mistral in dem kleinen Hafen Stintino,  im äußersten Nordwesten Sardiniens, verkrochen hatten. Die Herzschlagpassage „Fornelli“, mit nur 3 Meter Wassertiefe, führt dorthin.

„Da, ich sehe sie“, rief Leni! Ein wilder Esel stand auf einem Fels am Ufer. Als der Regen aufgehört hatte, gingen wir auf Erkundungstour – Wildlife pur: Mehrere kleine Herden wilder Esel querten unseren Weg, der immer höher auf den höchsten Berg der Insel führte. Neugierig beobachteten sie uns mit ihrem individuellen Sicherheitsabstand, bis der jeweilige Boss der Gruppe mit lauten „UIAHHHHHHH“ das Signal zum Rückzug gab. Vor den Wildschweinen hatten wir besonderen Respekt. Nachdem ein paarmal Grunzen im Gebüsch zu hören war und plötzlich eine Bache und ein Eber vor uns standen wurde in unübersichtlichem Gelände kräftig gesungen und geklatscht, um unangenehme Überraschungen für beide Seiten zu vermeiden. Am meisten Sicherheitsabstand hielten die langhaarigen Bergziegen. Asinara ist eine ehemalige Gefängnisinsel,  die in einen Nationalpark verwandelt wurde. Das mystische Licht, die tief hängenden Wolken und die grandiose Landschaft sind etwas ganz Besonderes. Als wir uns kurz vor der Dämmerung wieder unserer Bucht näherten, konnte man einige der Gefängnisgebäude sehen, durch die jetzt wilde Esel und Ziegen sträunen – das wilde Sardinien pur!

 

 

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