Endlich mal ein paar Tage nur chillen! Man glaubt es kaum, aber wir hatten beide das Gefühl, dass wir bis jetzt auf unserer Reise zu viel „Action“ hatten. Bis Galizien waren wir durch einen gewissen Druck getrieben, rechtzeitig über die Biskaya zu kommen. An Portugals westlicher Atlantikküste waren die Häfen dünn gesät und große Schläge angesagt. Dazu kamen unsere beliebten Reparaturstopps, die uns mental auch nicht so richtig zur Ruhe kommen ließen. Unsere kleine Bestandsaufnahme zu Beginn des zweiten Teils unserer Reise, nach der Hochzeitspause, ergab: mehr Zeit zum „chillen“, lesen, beten. Dafür machen wir nach Pausen auch gern längere Schläge, bleiben dafür, wo es uns gefällt, etwas länger.
Gesagt – getan: die Lagune von Faro bot sich dafür an. Große, vorgelagerte Inseln, mit wenigen Durchlässen zum Atlantik, ließen ein riesiges Flachwassergebiet mit Sandbänken, Salzmarschen und Buchten entstehen, wo die beiden Städte Faro und Olháo am Festland anschließen. 2-3 Meter Tidenhub versprechen ein navigatorisch anspruchsvolles Revier, spannende Strömungsverhältnisse und ein, sich tagsüber mehrmals änderndes Landschaftsbild. Ganz zu schweigen von den unendlichen Möglichkeiten, hier Vögel zu beobachten.
Wir setzten unseren Anker für die erste Nacht an einer Stelle, wo auch viele Langfahrtsegler überwintern und fuhren fast bei Hochwasser hinein in ein Salzmarschgebiet, durchsetzt mit Sandbänken. Es ist immer wieder spannend, wie die „Amazing Grace“ auf ihren drei Füßen zu stehen kommt, wenn das Wasser abfließt. Henning machte sich am nächsten Morgen trockenen Fußes auf zur Erkundung des kleinen, völlig auf Sand gebauten Dorfes. Kein Auto schafft es durch den Sand, nur hie und da befördert ein Traktor Bedarfsgüter vom Fährkai zu den Häusern – sehr einfach das Leben hier.
Für die nächsten beiden Nächte verlegten wir uns eine sm nördlich in ein windgeschütztes romantisches Plätzchen, direkt hinter die Sanddünen. Wenn das Wasser durch die kleinen Priele abgelaufen war, stand die „Amazing Grace“ mitten auf einer Seegraslandschaft, die fast an eine Schweizer Almwiese mit Bächlein erinnerte. Selbst bei Starkwind zerrt das Schiff dann nicht an seiner Ankerkette. So hatten wir uns das vorgestellt. Die drei Tage verflogen mit Lesen, Baden, Beten, Spaziergängen, die Sonnenauf- und untergänge und den Sternenhimmel bewundern. Und damit wir auch nachts den Rundumblick genießen konnten, wurde der Tisch im Decksalon abgesenkt und unser Schlafgemach nach oben verlegt – wir lieben den variablen Decksalon unserer Sirius.
Sobald das Wasser abgelaufen ist, kommen die Muschelsucher auf den Plan. Der lockere Sand wird nach den kleinen Herzmuscheln durchpflügt, oft stundenlang für eine Mahlzeit. Doch Vorsicht: verlässt man die sandigen Pfade, versinkt man schnell mehr als knietief im schwarzen weichen Schlick. So ging es unserem Seglerfreund Wolfgang, der bei uns per Dingi zum Abendessen war und im Stockdunkeln zu seinem, inzwischen trocken gefallenen Kimmkieler zurückwaten musste. Das Dingi blieb bis zum Morgen bei uns.
Doch alle Herrlichkeit hat eine Ende, wegen … Motorproblemen, man glaubt es kaum! Diesmal eine Diesellache im Motorraum. Also gut: durch enge flache Fahrwasser ging es nach Faro, wo wir einen ganzen Tag auf einen Techniker warteten, der endlich kam und dann nochmal kommen musste, weil der Dieselfilter immer noch nicht dicht war.
Nein, wir lassen uns das nicht vermiesen: am nächsten Morgen ging es bei Sonnenaufgang los zu einem 75 sm Schlag nach Chipiona. Sevilla, Cadiz und Gibraltar sind die nächsten Highlights, die wir gemeinsam mit dem jungen Ehepaar Chris und Leni erkunden wollen.
…. Eilmeldung nach Redaktionsschluß: es gibt tatsächlich Thunfisch im Atlantik! Wir haben einen gefangen😀
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Mal wieder ein hammer Video. Habe so gehofft, dass ihr den Fischfang auch gefilmt habt, juhu!
Das Betrachten Eurer Bilder und Videos lässt mich im Bürostress für kurze Zeit echt mal die Seele baumeln machen. Danke! Und wie lange isst man jetzt zu zweit an so ’nem Riesenthunfisch? 🙂
Das freut uns sehr, dass wir für etwas Abwechslung sorgen dürfen. Also von dem Thunfisch haben wir die Hälfte eingefroren, langt schon für zwei gute Mahlzeiten. Aber jetzt haben wir unsere frisch verheiratetes Paar an Bord, weshalb die Sngel wieder draußen ist. Darf auch etwas größer sein …
Liebe Grüße
Henning