Für unsere sieben-monatige Reise fanden wir unsere, grob im voraus geplante, Route auch im Nachhinein insgesamt prima – auch wenn wir teilweise etwas anders gefahren sind (hier nachzulesen). Wir haben auf dieser Reise 4.200 sm im Kielwasser gelassen und waren, abzüglich einer Heimreise und einiger reparaturbedingter Stopps, netto ca sechs Monate auf Tour. Wir haben elf europäische Länder bereist und sind in Ecken gekommen, die wir wohl unter Segeln nicht mehr so schnell wieder sehen werden. Fazit: Europa hat für den Fahrtensegler unheimlich viel zu bieten.
Route und Wetter im Rückblick
Wir würden jederzeit wieder den „Umweg“ über Dänemark, Norwegen, Schottland machen und nicht die Abkürzung durch den Nord-/Ostsee- und Ärmelkanal nehmen. In den Norden zu segeln war für uns, sowohl landschaftlich als auch von den Menschen und den Kulturen her, ein echtes Highlight. Einzig: eine Woche in den Fjorden um Stavanger hätten wir rückblickend gerne drangehängt und etwas mehr Zeit in den Buchten und Inseln an Schottlands Westküste verbracht. Diese Zeit ging uns durch die Motorreparaturen verloren. Außerdem sind die Schotten wohl die nettesten Menschen Europas.
Wir haben dann entlang der irischen Küste etwas auf die Tube gedrückt, um die Biskaya noch im Juli zu überqueren und hatten dafür auch eine einfache Überfahrt von Kinsale/Irland nach La Coruna/Galizien. Die 500sm 180° gen Süden waren eine gute Wahl. Dafür mussten wir die Scilly Islands und die Bretagne links liegen lassen – vielleicht ein anderes Mal.
Durch Galizien mit den Rias zu bummeln hat sich dann auf jeden Fall gelohnt. Jede einzelne Ria lohnt sich zu entdecken, auch wenn das Wasser da noch echt kalt ist. Man findet dort auch überall eine geschützte Ecke. An Portugals Westküste sind wir nicht einfach vorbeigesegelt, wie es manche Langfahrer empfehlen, sondern haben faszinierende Hafenstädte und, besonders in Portugals Norden, sehr nette Portugiesen kennengelernt. Wir hatten kaum Nebel und auch, dank genug verfügbarer Zeit, keinen großen Schwell und konnten in die, in Flußläufen liegenden Häfen problemlos einlaufen – gerne wieder.
Die Lagunen an der Algarve haben es uns angetan. Da und an Spaniens Südatlantikküste hätten wir gerne noch mehr Zeit vertrödelt. Warmes Wasser und ein ideales Revier um mit unserem geringen Tiefgang und der Möglichkeit Trockenzufallen, erkundet zu werden. Gibraltar war auf jeden Fall eine Reise wert, aber Costa Blanca und Costa del Sol fanden wir weniger attraktiv und sind recht zügig vorbeigefahren. Die Balearen, Sardinien und Korsika im Herbst insbesondere die Costa Smeralda, sind einfach wunderschön und, ohne den Rummel im Sommer, ein traumhaftes Revier. Das Wetter ist dann zwar nicht mehr stabil, aber das Wasser warm, die herrlichsten Buchten hat man für sich alleine und die Preise sind günstig.
Apropos Preise: die Mitgliedschaft in der englischen „Cruising Association“ hat sich allein durch die Rabatte in der Marina von La Coruna bezahlt gemacht. Die CA hatte häufiger und auch noch größere Rabatte ausgehandelt als „Transocean“ oder die „Kreutzer Abteilung“.
Ein Wort zum Thema Sicherheit: wir haben uns in allen bereisten Ländern an Bord, sowie an Land, nie unsicher gefühlt. Als Vorsichtsmaßnahme wurde nachts die Niedergangstür immer abgeschlossen, egal ob vor Anker oder im Hafen. Das Dingi wurde fast immer auf die Badeplattform hoch genommen. Beim Landgang haben wir versucht suspekte Ecken zu meiden und uns der Gegend angepasst zu kleiden. Auch von anderen Seglern haben wir keine negativen Erfahrungen gehört. Diese Teile Europas scheinen noch sicher zu sein.
Als Seekarten nutzten wir primär die Navionics Platinum Karten auf dem Plotter. Wir hatten aber auch immer Übersegler in Papier sowie die passenden Imray Karten auf dem Tisch, ergänzt um ein paar NV-Charts für Dänemark und Norwegen sowie englische Karten vom Kaledonischen Kanal. Die hoch detaillierten elektronischen Seekarten haben sich beim täglichen Navigieren nach Wegepunkten bewährt, die Papierkarten kamen mehr bei der Routenplanung zum Einsatz und dienten als Backup.
Wetter, Tide, Strom
Bei unserem Start Anfang Mai hatten wir in Ost- und Nordsee prima und meist sonniges Wetter bei leichten bis mittleren Winden. Nebel hatten wir auf den längeren Überfahrten nach Norwegen und Schottland und da wurde es dann auch nass (lang lebe der Decksalon). Wir konnten immer Sturm und meist Starkwind vermeiden, weil wir uns ausreichend Puffer eingeplant hatten um geeignetes Wetter abzuwarten. Das war, insbesondere für die langen Überfahrten wichtig! Wir haben uns allerdings zum Beispiel bei der Biskaya Überquerung auch nicht gescheut das eiserne Segel einzusetzen wenn der Wind einschlief und wir Starkwind oder Sturm heranziehen sahen.
Im westlichen Mittelmeer wurde das Wetter Ende Oktober sehr instabil. Eine Front nach der anderen marschierte durch, die aber sehr gut zu den Vorhersagen passten. Dazwischen gab es aber herrliche Phasen und immer noch warmes Badewasser bis Anfang Dezember.
Wir vertrauten bei Wetterberichten primär auf die täglich zugesandten Gribfiles von dem privaten Anbieter Wetterwelt und nutzten deren Software auch für Routenplanung bei den längeren Passagen. Zweimal haben wir uns dort auch zum geeigneten Wetterfenster und der Route beraten lassen. Für kurzfristige Updates war die dazugehörige App hilfreich. Auf hoher See nutzen wir auch zweimal das Iridium Satelliten Telefon für Updates. Wir fanden die Vorhersagen für 48 Stunden meist sehr zuverlässig. Bei kritischen Entscheidungen zogen wir gerne ergänzend die Website von Passageweather zu Rate und für lokale Vorhersagen an der Küste auch Windfinder Pro.
In Schottland und Irland wurden unsere Reisepläne primär von Strom und Tidenzeiten bestimmt. Bis zu 8 kn Strom und Overfalls zollten wir großen Respekt. Für den bekennenden Mittelmeersegler brauchte es einige Einarbeitung, aber mit der Zeit konnten wir uns diese Bedingungen für schnelle Überfahrten gut zu Nutze machen. Ehrlich gesagt haben wir die Tiden- und Strömungsdaten nur anfangs klassisch von Hand berechnet. Die Tidenkurven im Kartenplotter von der Navionics Platinum Software waren sehr hilfreich, die Strömungsdaten oft zu konservativ. Ergänzend hat sich die App „Tideplaner“ bewährt.